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Stellungnahme der DGRh und des Verbandes Rheumatologischer Akutkliniken (VRA) zum Referentenentwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG)

13. März 2024  

Allgemeine Stellungnahme

Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie e.V. (DGRh) und der Verband rheumatologischer Akutkliniken e.V. (VRA) möchten die Gelegenheit nutzen, auf ihrer Mei-nung nach bedeutende Fehlkonstruktionen und Probleme der Regelungen im Referentenentwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG), insbesondere im Hinblick auf die akutstationäre Rheumatologie, hinzuweisen. Die im Gesetzentwurf genannten zentralen Ziele: Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität, Gewährleistung einer flächendeckenden medi-zinischen Versorgung für Patientinnen und Patienten sowie Entbürokratisierung werden von der DGRh und dem VRA vorbehaltlos unterstützt. Auch das nicht mehr genannte zentrale Ziel der „Entökonomisierung“, sofern hiermit die Reduktion ökonomischer Zwänge auf medizinische Entschei-dungen verstanden wird, wäre ein lohnendes Ziel für eine Reform der Krankenhausfinanzierung. 

Die im Referentenentwurf genannten Maßnahmen und ihre technische Umsetzung lassen jedoch nicht erkennen, wie die genannten Ziele erreicht werden sollen. Insbesondere für die akutstationäre Rheumatologie wäre bei einer Umsetzung der Maßnahmen keine Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität zu erwarten. Durch den selbst bei Unterversorgung bedarfsunabhängig geplanten Abbau der Versorgungsstrukturen würde die akutstationäre rheumatologische Versorgung weder gesamt noch flächendeckend gewährleistet werden können. Die durch die geplante Finanzierungmethodik neu gesetzten ökonomischen Anreize würden mit einem sachgerechten medizinischen Vorgehen kollidieren. Eine Entbürokratisierung für klinisch tätiges Personal ist durch die Reform nicht zu erwarten – eher im Gegenteil.

Die DGRh und der VRA halten eine über Leistungsgruppen strukturierte Krankenhausplanung durchaus für sinnvoll. Hierzu bedarf es jedoch einer sorgfältigen Entwicklung eines brauchbaren Leistungsgruppensystems mit dazu passenden Qualitätskriterien. Weder das Leistungsgruppensystem aus NRW noch das Schweizer SPLG-System sind dazu geeignet, die für eine Krankenhausplanung relevanten Leistungen der akutstationären Rheumatologie sachgerecht abzubilden [1]. Vor Inkraftsetzung einer neuen Planungssystematik sind Bedarfs- und Auswirkungsanalysen notwendig. Dies umso mehr, wenn auf Ausnahmeregelungen konsequent verzichtet werden soll. Möglichkeiten, auf Fehlentwicklungen eines auf Automatismen aufbauenden pauschalen Regelungssystems reagieren zu können, fehlen ebenfalls.

Ein Abbau von Versorgungskapazitäten darf nur dann erfolgen, wenn der Bedarf tatsächlich durch andere Krankenhausstandorte gedeckt werden kann. Ein denkbarer Zugewinn an Qualität durch Zentralisierung ist gegenüber dem Qualitätsverlust durch einen kompletten Wegfall der Versorgung andernorts oder lange Wartezeiten abzuwägen. Bislang ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber die potenziell negativen Einflüsse auf die Versorgung messen und evaluieren möchte. Reine Fahrzeitanalysen zu Krankenhausstandorten sind wenig hilfreich, wenn diese die Versorgung aus Kapazitätsgründen nicht übernehmen können. Sind Versorgungstrukturen einmal zerstört, ist es teuer und insbesondere im ländlichen Bereich derzeit fast unmöglich, diese wiederaufzubauen. Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass das Gesetz ohne eine entsprechende Auswirkungsanalyse umgesetzt und lediglich im Nachgang, wenn es zu spät für Korrekturen ist, evaluiert werden soll.1

Die Reduktion der Versorger kann selbst bei einer Aufrechterhaltung der Deckung des Bedarfs einen negativen Einfluss auf die Versorgungqualität haben. Monopolbildungen und Wartelisten heben den Qualitätswettbewerb auf. Aufwendige Qualitätssicherungsmaßnahmen und ein Transparenzverzeichnis ergeben nur dann Sinn, wenn Wahlmöglichkeiten noch bestehen bleiben. Zumindest bei elektiven Leistungen und Leistungen, bei denen kein klarer Zusammenhang der Qualität mit der Leistungsmenge besteht, hilft ein Wettbewerb die Versorgungsqualität.

Allgemein lässt sich feststellen, dass der Gesetzentwurf Instrumente und Mechanismen enthält, die undifferenziert, abstrakt und automatisiert wirken sollen, auch wenn sich die Versorgungslage (Bedarf, Entwicklung des Bedarfs, Ausgangslage, Leistungsgruppe, Bundesland) deutlich unterscheidet. Die DGRh und der VRA sind sich sicher, dass dieser „One-fits-it-all-Ansatz“ an der Realität scheitern wird.

Grundsätzlich halten es DGRh und VRA für sinnvoll, notwendige Vorhaltekosten nicht ausschließlich, wie in der bisherigen DRG-Systematik, überwiegend linear fallbezogen zu refinanzieren. Einer Weiterentwicklung des Vergütungssystems stehen DGRh und VRA offen gengenüber. Die Verknüpfung von Krankenhausplanung mit einem neuen Umverteilungssystem, das im Wesentlichen dazu dienen soll, Leistungsangebote auf weniger Standorte zu konzentrieren, halten DGRh und VRA jedoch nicht für zielführend. Die Komplexitätssteigerung und mangelnde Flexibilität dieser Konstruktion erscheinen gefährlich und würden dazu führen, dass Weiterentwicklungen oder Korrekturen von Fehlentwicklungen deutlich erschwert würden. Grundsätzlich scheint das Konzept, so wie es im Referentenentwurf dargestellt wird, auch nicht praxistauglich zu sein.

Durch die Reform wird der ökonomische Druck weiter steigen. Weiterhin bestimmen die Fallmenge und die Mittelwerte der DRG-Fallkostenkalkulation die Höhe der Vorhaltefinanzierung. Krankenhäuser mit geringen Fallmengen werden weiterhin durch die Mittelwerte nicht auskömmlich finanziert werden können. 60% von „zu wenig“ ist keine Existenzsicherung! Eine Abkehr von der mengenbasierten Finanzierungslogik einer einheitlichen Fallpauschalierung wird mit dem vorliegenden Gesetzentwurf unseres Erachtens nicht erreicht. Die Finanzierung der notwendigen Investitionskosten bleibt weiter ungeklärt. Weder die Bereitschaft noch die Fähigkeit der Bundesländer zu einer auskömmlichen Investitionskostenfinanzierung ist zu erkennen. Da auf der anderen Seite die Möglichkeit Deckungsbeiträge zu erwirtschaften, weiter reduziert wird, muss sich das „Hamsterrad“ umso schneller drehen. Es bleibt beim Anreiz, mit gegebener Minimalvorhaltung (Personal) soviel Leistung wie möglich zu erbringen, wobei nicht über Zusatzentgelte refinanzierte oder in den DRGs spezifisch abgebildete variable Kosten zu vermeiden sind. Es werden vielfach neue ökonomische Anreize gesetzt, die mit einer bedarfsorientierten Versorgung in Konflikt treten können. Es ist mit einer stärkeren Konfrontation des klinischen Personals mit den ökonomischen Konsequenzen ihrer medizinischen Entscheidungen zu rechnen. Krankenhauscontroller werden versuchen, diese Prozesse mit der nötigen Transparenz zu unterstützen. Eine Entökonomisierung ist hierdurch nicht zu erwarten.

Auch wenn die Rheumatologie aufgrund der Behandlung von überwiegend chronischen Erkrankungen stets sektorenübergreifend zu betrachten ist, stellen die neuen geplanten sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen keine sinnvolle Struktur für eine sektorenübergreifende Rheumatologie dar, sondern fokussieren sich eher auf eine allgemeine Grundversorgung. Die DGRh und der VRA verzichten daher aufgrund mangelnder Betroffenheit, zu den sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen differenziert Stellung zu nehmen. Aus dem gleichen Grund wird auch auf eine Stellungnahme in Bezug auf das Abrechnungsverbot onkochirurgischer Leistungen bei niedriger Fallzahl verzichtet.

Die bereits erfolgte Stellungnahme von DGRh und VRA zum Krankenhaustransparenzgesetz besitzt weiterhin Gültigkeit.

Die Teilnehmenden der Verbändeanhörung wurden am 13. April aufgefordert, kurzfristig bis zum 30. April zum Referentenentwurf vom 13. März Stellungnahmen abzugeben. Wenige Tage später wurde der Referentenentwurf vom 13. März durch einen Referentenentwurf mit Datum vom 15. April auf der Webseite des BMG ersetzt. Auch wenn sich bei kursorischer Durchsicht des neuen Dokuments keine relevanten Änderungen finden, bezieht sich diese Stellungnahme formal auf den Referentenentwurf vom 13. März 2024.

1 Interessanterweise soll das InEK in § 17b Abs. 4c KHG auch damit beauftragt werden, die „Qualität der Versorgung“ zu analysieren. Die Qualitätsanalyse soll nach der Gesetzesbegründung auf Basis der Daten nach § 21 KHEntgG erfolgen. Eine externe Vergabe oder eine Einbindung des IQTiG ist nicht vorgesehen.

Besonderheiten der akutstationären Rheumatologie und klinischen Immunologie mit Bezug zur geplanten Krankenhausreform

Der Bundesgesundheitsminister und seine beratende Expertenkommission gehen von erheblichen Überkapazitäten in der deutschen Krankenhausversorgung aus. Begründet wird dies unter anderem mit dem Fallzahlrückgang während der COVID-19-Pandemie und dem fehlenden Wiederanstieg der Fallzahlen im Nachgang. Leerstehende Krankenhausbetten bei parallel bestehendem Mangel an Fachpersonal können jedoch wissenschaftlich kaum als Beleg für die geäußerte These von sinkendem Bedarf herhalten. Generell erschiene eine Kausalität zwischen der COVID-19-Pandemie und einem sinkenden Bedarf in der Bevölkerung erklärungsbedürftig.

Die akutstationäre Rheumatologie hatte einen stärkeren Fallzahlrückgang zu verzeichnen als andere Fachdisziplinen. Auch nach der Pandemie wurden temporär umgewidmete Versorgungsstrukturen in Krankenhäusern nicht wieder durch rheumatologische ersetzt. Die akutstationäre Rheumatologie erzielt in Allgemeinkrankenhäusern im Vergleich zu anderen Fachdisziplinen keine besonders hohen Deckungsbeträge. Durch die zweijährige Dämpfung der Bewertungsrelationen für Leistungen mit überproportionalen Fallmengenrückgang im Rahmen der DRG-Kalkulation ist akutstationäre Rheumatologie derzeit kaum kostendeckend zu betreiben. Ungeachtet all dessen ist unbestritten, dass eine erhebliche Unterversorgung von Rheumakranken sowohl im akutstationären als auch im ambulanten Setting besteht. Die Wartezeiten für Rheumakranke sind bereits bedenklich. Fallzahlrückgang und Versorgungsbedarf stehen in der Rheumatologie in keinem kausalen Zusammenhang.

Alle Mechanismen, die undifferenziert und vom Bedarf abgekoppelt Versorgungsstrukturen reduzieren wollen, führen in der akutstationären Rheumatologie zu einer qualitativ schlechteren Versorgung von Menschen mit Rheuma. Dies gilt umso mehr, als dass es in der akutstationären Rheumatologie und ihren Subspezialsierungen für den in der Vermittlung des Abbaus der Versorgungskapazitäten wiederholt bemühten Zusammenhang von Krankenhausgröße bzw. Fallmenge weder Evidenz noch logische Hinweise gäbe. Eine Konzentration der Versorgungsstrukturen ist für Rheumakranke in der Regel nicht von Vorteil. Ganz im Gegenteil profitieren die meisten Rheumakranken, die häufig unter beeinträchtigenden Funktionseinschränkungen leiden, von einer möglichst wohnortnahen Versorgung. Eine wohnortnahe Versorgung ist auch deshalb sinnvoll, weil die Versorgung sinnvollerweise sektorübergreifend, zumindest lokal gut vernetzt erfolgen sollte. Die Verlagerung einzelner akutstationärer Aufenthalte an weit entfernt liegende Krankenhausstandorte, die die vor- und nachgelagerte Versorgung deutlich schlechter organisieren können, bietet keine erkennbaren Vorteile für das Gros der Rheumakranken.

Ein wichtiger Grund für die akutstationäre und ambulante Unterversorgung von Rheumakranken ist die geringe Zahl ärztlichen Personals, das die Weiterbildung zur Facharztanerkennung abschließt. Bei der geplanten Reform sind daher die Auswirkungen auf die bereits in zu geringem Umfang erfolgende Weiterbildung genau zu beachten. Eine Reduktion der Weiterbildungsstätten wird sich nicht positiv auf die fachärztliche Weiterbildung in der Rheumatologie auswirken.

Die akutstationäre Rheumatologie weist inhaltliche und strukturelle Subspezialisierungen auf und einen hohen Grad der Versorgung durch Fachkliniken [1]. Die Rheumatologie und klinische Immunologie widmen sich häufig der Behandlung von immunologischen Systemerkrankungen mit vielen unterschiedlichen Organmanifestationen. Entsprechend bestehen unterschiedliche Schnittstellen zu anderen Fachdisziplinen. Auf der anderen Seite besitzen die akutstationäre Rheumatologie und klinische Immunologie wiederum nur wenig Alleinstellungsmerkmale in Bezug auf OPS-Kodes, ICD-Kodes und notwendige Geräteleistungen. Die rheumatologische Komplexbehandlung (OPS-Klasse 8-983) stellt die einzige überwiegend exklusive akutstationäre Leistung der Rheumatologie dar. Sie beschreibt einen Behandlungskomplex, ist aber keine an sich komplexe Leistung. In keiner Weise definiert sie das Fachgebiet. Die meisten Rheumakliniken erbringen diese Leistungen gar nicht. Viele Rheumakliniken erbringen die rheumatologische Komplexbehandlung nur bei wenigen Fällen. Nur einige Fachkliniken haben sich auf die rheumatologische Komplexbehandlung spezialisiert. An Universitätskliniken wird die rheumatologische Komplexbehandlung z. B. gar nicht erbracht. Das Konzept der Mindestvorhaltezahlen, das eine schlechte Versorgungsqualität bei niedriger Fallzahl unterstellt und eine Zentralisierung beschleunigen soll, hätte in der akutstationären Rheumatologie eine potenziell negative Auswirkung auf die Versorgungsstrukturen ohne Zugewinn an Versorgungsqualität.

Stellungnahme zu den Einzelaspekten des Gesetzentwurfes


Keine sinnvollen Leistungsgruppen für die Rheumatologie und klinische Immunologie ersichtlich.

Zentrales Element der Reformpläne sind Leistungsgruppen. Diese sollen einerseits dazu dienen, die Krankenhausplanungen der Bundesländer zu vereinheitlichen und zu strukturieren sowie andererseits Voraussetzung für die Teilhabe an der Verteilung der Vorhaltepauschalen sein. Ausgangsbasis soll – zumindest nominell – das Leistungsgruppen-System aus NRW sein. Ab 2027 will das BMG ein eigenes Leistungsgruppen-System einsetzen, das bis zum 31. März 2025 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden soll. Möglicherweise könnte diese Rechtsverordnung auch noch zeitlich vorgezogen werden.

Die akutstationäre Versorgung von Rheumaerkrankten findet mit sehr unterschiedlichen Schwerpunkten in sehr unterschiedlichen Versorgungsstrukturen statt. Eine Arbeitsgruppe der DGRh und des VRA haben in Stellungnahmen [2] und der bereits genannten Veröffentlichung [1] die unterschiedlichen Fallkollektive und Behandlungsstrukturen in der akutstationären Rheumatologie ausführlich dargestellt. Während die Beschreibung unterschiedlicher Versorgungstrukturen in der akutstationären Rheumatologie und klinischen Immunologie möglich ist, kann eine eindeutige und exklusive Fallzuordnung nicht erfolgen. Proprietäre ICD- oder OPS-Kodes, die eine Abgrenzung der akutstationären Rheumatologie und klinischen Immunologie von anderen Fachgebieten oder Leistungsgruppen ermöglichen könnten, existieren nicht und wären daher auch nicht einfach zu entwickeln.

Die einzige relativ spezifische „rheumatologische“ Leistung, die jedoch auch von Orthopäden/Unfallchirurgen erbracht werden darf, stellt die rheumatologische Komplexbehandlung (OPS-Klasse 8983) dar. Nur 18 Standorte in ganz Deutschland (darunter ein orthopädischer) haben nach den Qualitätsberichten aus 2022 mehr als 100 OPS-Kodes aus der OPS-Klasse 8-983 erbracht; nur 27 (darunter zwei orthopädische) mehr als 50-mal. Nur in 9 Bundesländern wurde die Leistung überhaupt mehr als 100-mal erbracht. Die Versorgung der Stadtstaaten Hamburg und Bremen erfolgt komplett durch die umliegenden Bundesländer. Für die meisten Rheumakliniken stellt die rheumatologische Komplexbehandlung keine oder nur eine von vielen, aber nicht die bestimmende Behandlungsform dar. Universitätskliniken erbringen diese Leistung in der Regel gar nicht. Die rheumatologische Komplexbehandlung stellt einen Behandlungskomplex mit interprofessionellen und stark therapeutisch geprägten Inhalten dar. Sie ist zwar relativ spezifisch rheumatologisch, aber weder typisch für das Fachgebiet noch beschreibt sie eine komplexe Rheumatologie.
 

Die für die Vorhaltefinanzierung notwendige eindeutige Zuordnung von Abrechnungsfällen zu Leistungsgruppen ist dysfunktional und gefährdet sowohl die Versorgungsstrukturen als auch die ärztliche Weiterbildung.

Für die Berechnung des Vorhalte-Casemix im jeweiligen Bundesland und für einen einzelnen Krankenhausstandort ist eine eindeutige Zuordnung eines Abrechnungsfalles zu einer Leistungsgruppe und bei krankenhausinternen Verlegungen auch zum passenden Krankenhausstandort notwendig. Hierfür soll ein „DRG-Leistungsgruppen-Standort-Grouper“ vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) bis zum 30. September 2024 entwickelt und zertifiziert werden (§ 21 Abs. 3c KHEntgG). Krankenhausstandorte, die die Qualitätskriterien einer Leistungsgruppe nicht erfüllen, sollen zukünftig Fälle der entsprechenden Leistungsgruppe nicht mehr abrechnen dürfen (§ 8 Abs. 4 Satz 4 ff. KHEntgG) und verlieren den enthaltenen Anteil der Vorhaltefinanzierung von Fällen, die in der Vergangenheit behandelt wurden (§ 37 KHG)1.

Das InEK wird damit gezwungen zu entscheiden, welche Fachdisziplin in Zukunft noch welche Leistung erbringen darf. Abrechnungsfälle, die sich über konkrete Leistungen definieren, können grundsätzlich nicht mehreren Leistungsgruppen zugeordnet werden. So wird das InEK beispielsweise entscheiden müssen, in welchen Strukturen Rheumaerkrankte im Alter von z.B. 12-18 Jahren ausschließlich behandelt werden sollen. Werden diese Fälle der Leistungsgruppe „komplexe Rheumatologie“ oder „Allgemeine Innere Medizin“ zugeordnet, so sind die entsprechenden fachärztlichen Mindestanforderungen (internistische oder ggf. orthopädische fachärztliche Kompetenz) zu erfüllen. Reine Kinderkliniken, in denen Kinder- und Jugendrheumatologie erbracht wird, dürften diese nicht erfüllen können. Würden umgekehrt die Fälle der Leistungsgruppe „Spezielle Kinder- und Jugendmedizin“ zugeordnet, so würden alle Standorte ohne entsprechende fachärztliche Vorhaltung in der Kinder‐ und Jugendmedizin von der Versorgung ausgeschlossen. Fachärztliche Kompetenzen sind aber häufig nicht exklusiv und die Weiterbildungsordnungen überschneiden sich vielfältig. Muss eine Entscheidung getroffen werden, welche Leistung (z.B. OPS) welcher Leistungsgruppe zugeordnet wird, wird dies auch dazu führen, dass Standorte keine Weiterbildung mehr anbieten können, wenn ihr Fachgebiet bei der Zuordnung der Leistungen zur Leistungsgruppe „leer ausgegangen“ ist.

Da sich Fälle selbst bei einer „spezifischen“ Definition – wie im DRG-System auch – für mehrere Leistungsgruppen qualifizieren können, bedarf es einer Hierarchisierung der Leistungsgruppen im Rahmen der Groupererstellung. Diese Hierarchie ist weder vorgegeben (auch keine Kriterien hierfür durch den Gesetzgeber), noch ist bekannt, wie das InEK diese Hierarchisierung umsetzen soll und wird. Insbesondere in der konservativen Medizin wird diese Hierarchisierung einen erheblichen Einfluss auf die Zuordnung zu den Leistungsgruppen nehmen. Die Hierarchisierung hat bei komplexen Fällen – krankenhausindividuell – einen hohen Einfluss auf die Fallzahlen und damit ggf. auch auf die Auswirkung der Mindestvorhaltezahlen. Erfolgt beispielsweise in einer Klinik häufig eine kombinierte rheumaorthopädisch-rheumatologische Behandlung und würde die rheumaorthopädische Operation z.B. aufgrund des Casemixanteils hierarchisch höher im Gruppierungsalgorithmus einsortiert, so erbrächte diese Klinik datentechnisch-formal weniger Fälle der Leistungsgruppe „komplexe Rheumatologie“ als eine andere Klinik, die ebenso viele Belegungstage „komplexe Rheumatologie“ erbringt und die Qualitätskriterien gleichermaßen erfüllt, aber keine Fälle an höher hierarchisierte Leistungsgruppen abgeben muss. Über die Fallzuordnung und Hierarchisierung werden damit auch Entscheidungen über die zukünftige Versorgung getroffen, die sich nicht medizinisch-qualitativ begründen lassen.

1 Auch Verbringungsleistungen (z.B. Herzkatheruntersuchungen/-eingriffe) würden im neuen Vergütungssystem nicht mehr möglich sein, da eine Abrechnung durch den verbringenden Krankenhausstandort nicht mehr zulässig wäre.


Keine sinnvollen Qualitätskriterien für die Leistungsgruppe „Komplexe Rheumatologie“.

Bis zum Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach § 135e Abs. 2 SGB V sollen die Leistungsgruppen und Qualitätskriterien aus dem Krankenhausplan NRW 2022 gelten. Die Leistungsgruppe „Komplexe Rheumatologie“, der in NRW keine Fälle zugeordnet werden, weist im Krankenhausplan NRW 2022 keine Qualitätskriterien auf, die geeignet wären, zwischen qualitativ hochwertiger und qualitativ minderwertiger Versorgung zu unterscheiden. Es besteht damit die Gefahr, dass der erhöhten Bürokratielast (Nachweis und Prüfung) kein qualitativer Zugewinn gegenübersteht. Eine ausführliche fachliche Auseinandersetzung mit den Qualitätskriterien findet sich in der 2. Stellungnahme der DGRh und des VRA zur Reform der Krankenhausvergütung [2]. Sinnvolle Qualitätskriterien können zudem erst dann entwickelt werden, wenn feststeht, welche Fälle einer Leistungsgruppe zugeordnet werden (InEK-Grouper). Erfolgt eine Orientierung an dem Titel („Komplexe Rheumatologie“) wären andere Qualitätskriterien sinnvoll, als wenn die Rheumatologische Komplexbehandlung (OPS 8-983) zugrunde gelegt würde, die z. B. auch von rheumaorthopädischen Einrichtungen erbracht werden kann.


Bisherige Qualitätskriterien für Leistungsgruppen unterstützen die Versorgungsqualität kaum und führen zu höherer Bürokratielast ohne erkennbaren Nutzen.

Die Erfahrungen aus NRW zeigen, dass mit den Beantragungs- Nachweis-, Prüfungs- und Vergabeverfahren einer auf Leistungsgruppen und Qualitätskriterien basierten Krankenhausplanung ein erheblicher administrativer Mehraufwand einhergeht. Die geplante Reform, die eine Prüfung aller Qualitätskriterien in zweijährigen Abständen vorsieht, wird somit sicherlich nicht zu einer Entbürokratisierung beitragen. Grundsätzlich sollte daher bei der Festlegung von Qualitätskriterien für Leistungsgruppen auf zwei wichtige Aspekte geachtet werden:

  1. Beschränkung auf die Qualitätskriterien, die wirklich zwischen qualitativ hochwertiger und qualitativ minderwertiger Versorgung unterscheiden können.

  2. Klare und eindeutige Operationalisierung sowie Vermeidung unbestimmter Rechtsbegriffe.

Beispiele für Qualitätskriterien aus NRW oder Anlage 2 zu § 135e SGB V, auf die verzichtet werden sollte, weil sie keine qualitative Differenzierung ermöglichen, wären: EKG, Röntgen, Sonographie(gerät), Basis-/Notfall-Labor [plus PoC-Laboranalytik], Blutdepot, Sauerstofftherapie, Blutgasanalyse, Fallkonferenzen, u.v.m.. Beispiele für Qualitätskriterien aus NRW oder Anlage 2 zu § 135e SGB V, die entweder operationalisiert werden müssten oder auf die verzichtet werden sollte, weil sie unkonkret sind, wären (Auswahl): „Die personellen Vorgaben richten sich nach der derzeitig geltenden Fassung der PpUGV“, „Davon müssen mind. 2 FA regelmäßig in angemessenem Umfang am Rufbereitschaftsdienst teilnehmen“, „Kompetenz“, Basis-/Notfall-Labor [plus PoC-Laboranalytik], „FA müssen zu mind. 80% in der Notaufnahme tätig sein“, „Kinderschutzstrukturen“, u.v.m.. Nach der Gesetzesbegründung zu § 135e Abs. 4 SGB V sollen Auslegungen oder Konkretisierungen der Medizinischen Dienste im Rahmen der Prüfungen grundsätzlich ausgeschlossen sein. Es bleibt damit unklar, durch wen Auslegungen oder Konkretisierungen vorgenommen werden sollen, zumal das Verfahren der Prüfungen keinen zeitlichen Aufschub durch Klärungen duldet.

Nach § 135e SGB V sollen die Qualitätskriterien „den aktuellen Stand der medizinisch wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigen und zu einer leitliniengerechten, qualitativ hochwertigen und für Patienten sicheren medizinischen Versorgung beitragen.“ Die bisherigen Qualitätskriterien des Krankenhausplans NRW 2022 und der Anlage 2 zu § 135e SGB V erfüllen diese Vorgaben sicher nicht. Insbesondere so lange nicht bekannt ist, welche Fälle in den Leistungsgruppen abgebildet werden, können auch gar keine passenden Qualitätskriterien definiert werden.


Die neuen Vorgaben zur fachärztlichen Vorhaltung haben keinen Bezug zum Bedarf und können auch qualitativ hochwertige Versorgungsstrukturen gefährden.

Das Leistungsgruppen-System aus NRW nutzt bei den Qualitätskriterien eine absolute Untergrenze an fachärztlicher Vorhaltung, die minimal notwendig ist, um eine 24/7 Rufbereitschaft zu gewährleisten. Der tatsächliche Bedarf an fachärztlicher Vorhaltung ist davon unabhängig und wird insbesondere durch die Fallmenge und Komplexität der Versorgung bestimmt. Die Anzahl nomineller Leistungsgruppen hat hingegen keinen Einfluss auf den Bedarf an fachärztlicher Vorhaltung. So könnten beispielsweise die drei mitunter sehr fallzahlstarken Leistungsgruppen „Endoprothetik Hüfte“, „Endoprothetik Knie“ und „Wirbelsäuleneingriffe“ mit drei Vollzeitäquivalenten angeboten werden. Soll bzw. sollen zusätzlich noch eine oder beide der fallzahlarmen Revisions-Leistungsgruppen angeboten werden, bedarf es plötzlich neuer Vollzeitäquivalente. Der reale Bedarf an fachärztlicher Vorhaltung würde hingegen vorrangig von der Fallmenge in den fallzahlstarken Leistungsgruppen bestimmt. Hinzu kommt, dass Vollzeitäquivalente nicht mit „Köpfen“ gleichzusetzen sind und die Verteilung von nicht ganzzahligen Vollzeitäquivalenten auf die einzelnen Leistungsgruppen noch einer komplexen Rechenregel bedürfte.

Die neuen Vorgaben benachteiligen insbesondere Fachkliniken, die beispielsweise auch die Leistungsgruppen „Allgemeine Innere Medizin“ oder „Allgemeine Chirurgie“ zugewiesen bekommen müssen, da nicht alle Fälle in spezifischen Leistungsgruppen der Spezialisierung abgebildet werden können. Diese Kliniken bieten aber in der Regel keine internistische oder chirurgische Grundversorgung an, müssen aber trotzdem drei Vollzeitäquivalente zusätzlich vorhalten. Teilweise werden nur sehr wenige Fälle in den ergänzenden Leistungsgruppen erbracht. Wenn über die fachärztlichen Vollzeitäquivalente keine Untergrenze, sondern der Bedarf abgebildet werden soll, müsste ein aufwendiges Bedarfsbemessungsinstrument eingeführt und in die komplexe Finanzierungsmechanik integriert werden. Es ist zu beachten, dass der Bedarf fluktuierend ist, die Vorhaltefinanzierung aber weitgehend mengenentwicklungsunabhängig erfolgen soll.


Der Einfluss der einzelnen Bundesländer auf ihre eigene Krankenhausplanung wird stark beschränkt.

Das Leistungsgruppensystem und die zugehörigen Qualitätskriterien sowie weitere Aspekte der Anwendung und des Verfahrens sollen durch eine Rechtsverordnung des BMG festgelegt werden. Empfehlungen zu den Inhalten der Rechtsverordnung darf ein Ausschuss abgeben, in dem die Bundesländer zwar auch ein Initiativrecht haben, dessen Geschäftsordnung im Streitfall aber durch das BMG festgelegt wird und dessen Empfehlungen auch für die Rechtsverordnung des BMG nicht bindend wären. Im Ausschuss selbst stellt der GKV-SV die Hälfte aller Vertreter, während alle anderen Vertreter unterschiedlicher Interessen sich zusammen auf die restliche Hälfte verteilen. Die so gesetzten Dominanzen sind auch nicht dadurch aufzuheben, dass der Bundesrat mit einfacher Mehrheit die Rechtsverordnung ablehnen könnte. Im Bundesrat bestehen innerhalb einer Legislaturperiode des Bundestages wechselnde Mehrheiten und der Bundesrat selbst hat keine Möglichkeit konstruktiv selbst die Strukturen der Krankenhausplanung mitzubestimmen. Ein einzelnes Bundesland hätte ohnehin kaum Einfluss auf die Strukturen und Prozesse seiner eigenen Krankenhausplanung. Es wäre – außer im Fall der zwingenden Erforderlichkeit der Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung – an die Prüfung des MD nach den bundesweit vorgegebenen Kriterien und dem bundesweit vorgegebenen Verfahren gebunden. Erfahrungen aus NRW zeigen, dass viele relevante Aspekte häufig nicht vorhergesehen werden können und nicht selten Einzelfallregelungen zur Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen und bedarfsgerechten Versorgung notwendig sind. Starre Automatismen ohne Möglichkeiten der lokalen Intervention können die Versorgung und die Akzeptanz der Krankenhausreform in der Bevölkerung gefährden.


Mechanismen der Prüfung von Qualitätskriterien der Leistungsgruppen gefährden die Versorgungstrukturen und verhindern eine geordnete Krankenhausplanung.

Nach dem Gesetzentwurf muss die für die Krankenhausplanung zuständige Landesbehörde vor der Zuweisung von Leistungsgruppen den Medizinischen Dienst (MD) mit der Prüfung der Erfüllung der Qualitätskriterien der jeweiligen Leistungsgruppen beauftragen (§ 275a Abs. 2 SGB V). Erfahrungen des MD mit den Strukturprüfungen der Richtlinien des G-BA1 aus 2022 zeigen, dass mehr als ein Viertel der Krankenhäuser die Prüfungen nicht bestanden haben, bei einzelnen Richtlinien sogar mehr als 40%. Ob die geplanten Prüfungen eine bedarfsorientierte und nachhaltige Krankenhausplanung grundsätzlich unterstützen können, ist damit fraglich. Letztlich muss Qualität dorthin, wo der Bedarf ist und Versorgungsstrukturen mit dem erforderlichen Personal können nicht beliebig und kurzfristig regional umverteilt werden.

Häufig bestehen jedoch auch Missverständnisse oder Dissense zwischen Krankenhaus und MD, die im weiteren Verfahren aufgelöst werden könnten. Das jetzige Prüfverfahren des § 275a Abs. 2 SGB V ist allerdings so ausgestaltet, dass das MD-Erstgutachten de facto bestimmend werden würde. Der MD soll das Prüfverfahren innerhalb von 10 Wochen abschließen und das Gutachten ausschließlich der Planungsbehörde zusenden. Die Planungsbehörde hat dann das Recht den MD innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Gutachtens auf „offensichtliche Unstimmigkeiten oder Unklarheiten hinzuweisen und diese mit dem Medizinischen Dienst anschließend innerhalb von zwei Wochen abzuklären“. Allein bei der zu erwartenden Flut der Gutachten (Krankenhausstandorte im Planungsbereich multipliziert mit der Anzahl von Leistungsgruppen), die den Planungsbehörden in kurzer Zeit zugehen würden, wären diese nicht in der Lage, diese inhaltlich zu prüfen oder die Krankenhäuser in eine Überprüfung einzubinden. Eine Qualitätskontrolle der MD-Gutachten könnte damit nicht erfolgen. Die Planungsbehörde dürfte nach dem Referentenentwurf nur dann eine Leistungsgruppe trotz negativem Gutachten zuweisen, wenn dies zur Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung zwingend erforderlich ist und kein anderes Krankenhaus, dem die jeweilige Leistungsgruppe zugewiesen ist, innerhalb der in § 6a Abs. 2 KHG festgelegten PKW-Fahrtzeitminuten erreichbar wäre. Ein negatives Gutachten des MD hätte daher in der Regel direkt Auswirkung auf die Versorgung und wäre für die Planungsbehörden bis auf wenige Ausnahmen im ländlichen Bereich unmittelbar bindend.

Hinzu kommt, dass viele Leistungsgruppen aus NRW derzeit OPS-Komplexbehandlungen zur Definition nutzen. Die Strukturmerkmale der OPS-Komplexkodes unterscheiden sich deutlich von den Qualitätskriterien der Krankenhausplanung NRW und werden nicht nach dem Prüfverfahren nach § 275a Abs. 1 bis 3 SGB V, sondern nach dem neuen § 275a Abs. 5 SGB V geprüft. Besteht ein Krankenhausstandort die Strukturprüfung der OPS-Komplexkodes nicht, so dürfen die OPS-Kodes nicht mehr vereinbart und abgerechnet werden. Als Konsequenz können auch die Leistungsgruppen der Krankenhausplanung nicht mehr erreicht werden. Nach einer nicht bestandenen Strukturprüfung haben die Bundesländer keine Möglichkeit, Leistungsgruppen auch dann zuzuweisen, wenn keine Fälle mehr erbracht bzw. kodiert werden dürfen. Durch die Verknüpfung mit den Leistungsgruppen können die Strukturprüfungen der OPS-Komplexbehandlungen daher eine geordnete Krankenhausplanung unterlaufen.

1 https://www.g-ba.de/downloads/17-98-5637/2023-07-27_Bericht_MD-Bund_QK_2022.pdf


Vorhaltekosten können nicht einfach aus dem DRG-System ausgegliedert werden, ohne fragwürdige ökonomische Anreize im Einzelfall auszulösen.

G-DRGs bündeln Leistungen aufgrund ihrer Gesamtkostenhomogenität. Dabei kann und darf sich die Kostenzusammensetzung unterscheiden. Werden Kostenarten/-module selektiv ausgegliedert und bei der folgenden fallbezogenen Vergütung nicht mehr berücksichtigt, werden – mitunter starke – ökonomische Anreize im Einzelfall ausgelöst. Dies betrifft beispielsweise grundsätzlich die gemeinsame Abbildung („Kondensation“) von sach- und personalkostenlastigen Leistungen in einer DRG.

Die variablen Sachkosten sollen nach dem Gesetzentwurf bei der Ausgliederung der späteren „Vorhaltefinanzierung“ nicht berücksichtigt werden. Die Gesetzesbegründung listet hierzu die Kostenarten 4a, 4b, 5, 6a, 6b und 6c auf. Zunehmend gliedern Krankenhäuser Leistungen aus und kaufen diese extern ein (Outsourcing). Externe Leistungen werden in der DRG-Fallkostenkalkulation meist als variable Kosten in der Kostenart 6c verbucht. Handelt es sich um personalkostenlastige Leistungen, kommt es zu einer Ungleichbehandlung bei der Kostenausgliederung. Für die rheumatologische DRG I97Z kann dies gut demonstriert werden.

Die selektive Ausgliederung setzt den Anreiz, variable (Sach-)Kosten, die nicht spezifisch im DRG-System (=gruppierungsrelevant) oder über Zusatzentgelte abgebildet sind, zu vermeiden. So wird beispielsweise auf Einzelfallebene der Anreiz gesetzt, möglichst keine externen (Tele-)Konsile oder sonstigen Leistungen mehr in Anspruch zu nehmen. Sinnvolle Innovationen, die mit höheren Sachkosten einhergehen, aber Kosten an anderer Stelle sparen könnten, hätten es schwerer in die Versorgung zu kommen. Dort, wo der Qualitätswettbewerb durch Zentralisierung aufgehoben würde, bräuchte auf Qualitätsunterschiede keine Rücksicht mehr genommen werden (z.B. Implantate, medizinischer Sachbedarf). Das Erreichen der Ziele einer Qualitätsverbesserung und Entökonomisierung wird durch die neu gesetzten Anreize eher behindert.


Die Mindestvorhaltezahlen gefährden die Versorgung und können zu einem unberechtigten Abzug von finanziellen Mitteln aus der Versorgung führen.

Nach dem Gesetzesentwurf sollen für alle Leistungsgruppen sog. Mindestvorhaltezahlen bestimmt werden. Das BMG will über eine Rechtsverordnung erstmals für das Jahr 2027 (basierend auf Daten aus 2025) Mindestfallzahlen festlegen, bei deren Unterschreitung Krankenhausstandorte bei der Verteilung der Vorhaltebudgets trotz eines Versorgungsauftrages nicht berücksichtigt werden sollen.

Ausweislich der Gesetzesbegründung soll die Festlegung einer Mindestvorhaltezahl geeignet, erforderlich und angemessen sein, um eine sachgerechte Konzentration von Versorgungsstrukturen zu fördern, die eine bedarfsgerechte, flächendeckende stationäre Versorgung auf qualitativ hohem Niveau sichern und eine patientengefährdende Gelegenheitsversorgung ausschließen, indem vorhandenes ärztliches und pflegerisches Personal effektiv und wirtschaftlich sinnvoll eingesetzt wird. Fallzahlen unter dem 20. Perzentil werden als Beispiel genannt.

Diesem Gedanken liegt die bereits kritisierte vereinfachte Vorstellung zugrunde, dass Qualität und Wirtschaftlichkeit immer von der Größe bzw. Menge abhängig wären und eine Leistungsgruppen-unabhängige Zentralisierung stets bedarfsgerecht und wirtschaftlich wäre. Für viele Leistungsgruppen wie z.B. Geriatrie, Neuro-Frührehabilitation, Palliativmedizin, aber auch für die Rheumatologie dürfte diese Logik nicht zutreffen. Viele Leistungsgruppen werden zudem „Restegruppen“ – beispielsweise in Fachkliniken – darstellen und die Fallzahlen in diesen Leistungsgruppen keine Aussagen über Qualität oder Wirtschaftlichkeit zulassen. Muss beispielsweise eine rheumatologische Fachklinik auch die Leistungsgruppe „Allgemeine Innere Medizin“ zugewiesen bekommen oder eine rheumaorthopädische Fachklinik die Leistungsgruppe „Allgemeine Chirurgie“, so werden diese Fachkliniken in der Regel keine internistische oder chirurgische Grundversorgung anbieten. Geriatrische Fachkliniken werden ebenfalls die Leistungsgruppe „Allgemeine Innere Medizin“ zugewiesen bekommen müssen und Klinken der Neuro-Frührehabilitation die Leistungsgruppe „Allgemeine Neurologie“.

Belegärztinnen und -ärzte sichern häufig die Versorgung für wenig komplexe Behandlungen in ländlichen Regionen ab, werden aber niemals Fallzahlen erreichen, die Hauptabteilungen in Metropolregionen aufweisen. Ein Bezug zu notwendiger Konzentration, höher Versorgungsqualität, dem Ausschluss patientengefährdender Gelegenheitsversorgung oder eines effektiveren und wirtschaftlicheren Personaleinsatzes, lässt sich in all diesen Fällen nicht herstellen. Gesetzliche Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit müssen nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG den verfassungsrechtlichen Anforderungen an grundrechtseinschränkende Gesetze genügen. Dazu müssen sie durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein und dem Gebot der Verhältnismäßigkeit genügen. Für undifferenzierte und medizinisch nicht begründbare Mindestfallzahlen, die lediglich ebenfalls undifferenzierte Konzentrationseffekte unterstützen sollen, dürfte dies nicht zutreffen. Es ist zu befürchten, dass in der akutstationären Rheumatologie, die stark durch Fachkliniken geprägt wird, insbesondere Universitätskliniken die Mindestvorhaltezahlen nicht erreichen werden.

Auch der Mechanismus des Einsatzes der Mindestvorhaltezahlen ist bedenklich und kann zu einem unberechtigten Abzug von finanziellen Mitteln aus der Versorgung führen. Würde beispielsweise die rheumatologische Komplexbehandlung (OPS-Klasse 8-983) zukünftig eine rheumatologische Leistungsgruppe definieren und eine Mindestvorhaltezahl festgelegt werden, so verlieren alle Standorte, die in historischen Daten Fallzahlen unterhalb der Mindestvorhaltezahl aufweisen, die Vorhaltevergütung für diese Fälle dauerhaft. Dies gilt auch dann, wenn entsprechende Fälle durch andere Fälle substituiert oder auf die Kodierung der rheumatologische Komplexbehandlung zukünftig verzichtet würde. Da die rheumatologische Komplexbehandlung nur eine von vielen stationären rheumatologischen Behandlungsoptionen darstellt und einen Behandlungskomplex (mit abweichenden Kosten) darstellt, könnten die meisten Rheumakliniken auf diese – ohnehin kaum kostendeckend zu erbringende Leistung – verzichten und diese durch andere Leistungen substituieren. Erstmalig sollen die Mindestvorhaltezahlen für das Anwendungsjahr 2027 eingeführt werden und beziehen sich somit auf die erbrachten Mengen des Datenjahres 2025. In Erwartung der Mindestvorhaltezahlen und des Verlustes der Vorhaltevergütung für Fälle aus 2025 müsste daher die Substitution zeitnah erfolgen. Es ist nicht davon auszugehen, dass diese Fälle durch die wenigen verbleibenden spezialisierten Kliniken, die noch nicht einmal in jedem Bundesland existieren (s. oben), übernommen würden. Verpassen die Rheumakliniken die rechtzeitige Substitution, entgehen ihnen damit für die historischen Fälle die aus dem G-DRG-System ausgegliederten Erlöse dauerhaft. Temporär würde die Vorhaltevergütung auf die verbleibenden Standorte mit höherer Fallzahl verteilt werden (wenn im Bundesland überhaupt vorhanden). Wie im System der Vorhaltevergütung grundsätzlich vorgesehen, werden jedoch die finanziellen Mittel ganz aus der Versorgung entzogen, wenn die verbleibenden Standorte nicht die Versorgung übernehmen. Aus Sicht der Menschen mit Rheuma brechen Versorgungangebote ohne Qualitätssteigerung weg und - wo die Versorgung noch bestehen bleibt - verlängern sich die Wartezeiten. Die genannten Ziele der Mindestvorhaltezahlen werden in der akutstationären Rheumatologie, aber auch vielen anderen Leistungsgruppen, sicher nicht erreicht.

Die ungezielte Einführung der Mindestvorhaltezahlen kann auch Anreize setzen, die der gewünschten Ambulantisierung entgegengesetzt sind. Zudem bedürfte es Regelungen, die den Status von Hybrid-DRGs, teilstationären und vorstationären Fällen festlegen und einer Anpassung der Mindestvorhaltezahlen bei Leistungsgruppen, die in starkem Maß von Änderungen des Kataloges nach § 115b SGB V betroffen sein könnten.


Schwer steuerbare Effekte der Systementwicklung haben einen großen Einfluss auf die Fallzahlen und die Fallschwere in den Leistungsgruppen. Sie können den gewünschten Effekten der Reform zuwiderlaufen.

Durch die Verknüpfung des Leistungsgruppen-Systems mit dem G-DRG-System und der Vorhaltefinanzierung erfährt die Reform eine enorme Komplexitätssteigerung, die nicht mehr praxistauglich wäre. Das System der Vorhaltefinanzierung zielt darauf ab, dass sich Änderungen in Bezug auf die historische Fallmenge nicht auf den Anteil eines Standortes am landesweiten Vorhaltebudget auswirken sollen. Dem Konzept liegt zugrunde, dass Fallmengenentwicklungen ausschließlich aus tatsächlichen Leistungsveränderungen oder krankenhausplanerischen Maßnahmen, aber nicht aus rein technischen Effekten resultieren. Änderungen im CMI der Vorhaltebewertungsrelationen sollen zwar einen Einfluss auf die Anteile eines Standortes am landesweiten Vorhaltebudget haben, allerdings nur in Intervallen von anfangs zwei und danach drei Jahren. Technische Einflüsse sind mannigfaltig und bislang noch nicht in der Umsetzung der Reform berücksichtigt.

Durch die Konstruktion des G-DRG-Systems kommt es jährlich zu vielen DRG-Migrationen (identische Fälle werden durch Änderung der Abfragereihenfolge, der Änderung der CCL-Matrix oder sonstiger technischer Änderungen) in anderen DRGs abgebildet („Katalogeffekt“). Diese Effekte können direkt auf die Leistungsgruppen-Zuordnung durchschlagen. Leistungsgruppen können sich damit jedes Jahr sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene sowie beim einzelnen Krankenhausstandort in ihrer qualitativen und quantitativen DRG-Zusammensetzung unterscheiden. Hinzu kommt, dass jährliche Kalkulationsbedingungen, klassifikatorische Änderungen oder Änderungen durch Fallmigration auch Effekte in Bezug auf unbewertete Entgelte haben. Wechseln beispielsweise voll- oder teilstationäre DRGs zwischen den Anlagen 1 und 3 bzw. werden Zusatzentgelte (mit relevanten Kostenanteilen außerhalb der Kostenarten 4-6) geschaffen oder abgeschafft, so treten Effekte auf Casemix und somit auch auf den Vorhalte-Casemix ein (beispielsweise könnten die Zusatzentgelte Palliativmedizin davon betroffen sein). Auch die Höhe der Pflegepersonalkosten spielt eine entscheidende Rolle bei der jährlichen Bestimmung der Vorhalte-Bewertungsrelationen. Entwicklungen der Pflegepersonalkosten können sich damit DRG-individuell und damit auch Leistungsgruppen- und Krankenhaus-individuell auf die Höhe der Vorhaltebudgets auswirken. All diese jährlichen (Katalog-)Effekte vertragen sich grundsätzlich nicht mit einem für mehrere Jahre auf der Ebene eines Krankenhausstandortes festgesetzten Vorhalte-Casemix und müssten auch bei der Vorhaltefinanzierung nachvollzogen werden. Würde beispielsweise die rheumatologische Komplexbehandlung (OPS 8-983) zur Definition einer Leistungsgruppe in der Rheumatologie herangezogen, so könnte sich folgende Situation ergeben. Derzeit führen die OPS-Kodes 8-983.1 und 8.-983.2 in die G-DRG- I97Z. Diese DRG wurde auf Basis von 2.358 Fällen kalkuliert, wobei von einer Dominanz einzelner Hauptleistungserbringer mit mehr als 1.000 Fällen auszugehen ist. Brechen alleine 1-2 der großen Kalkulationskrankenhäuser weg, so wäre diese DRG nicht mehr sachgerecht zu kalkulieren und wieder (wie vor 2009) in die Anlage 3 als unbewertete DRG zu überführen. Da unbewertete DRGs nicht Bestandteil der neuen Finanzierung sein sollen, würde die Fallzahl in der Leistungsgruppe innerhalb eines Jahres auf null sinken. Auch sind Einflüsse auf die medizinische Indikationsstellung und Behandlungsplanung denkbar: so verteilen sich beispielsweise die Fälle der NRW-Leistungsgruppe „Cochleaimplantate“ auf unterschiedliche DRGs, von denen zwei (D01A für die bilaterale Implantation und die D23Z für spezielle aktive mechanische Implantate) unbewertet sind. Sofern Freiheiten bei der Indikationsstellung und Behandlungsplanung bestehen, könnte innerhalb des geplanten 20%-Korridors nach Festlegung eines fixen Anteils an der Vorhaltevergütung umgeschichtet werden. Am Rande sei auch auf die Kalkulation der belegärztlichen Leistungen hingewiesen, die hohen Schwankungen aufgrund der wechselnden Kalkulationsbasis unterworfen sein kann.

Rein technisch bedingte Fallmengenveränderungen in Leistungsgruppen können auch durch die Weiterentwicklung der Klassifikationssysteme auftreten. So definiert sich beispielsweise die Leistungsgruppe „Leukämie und Lymphome“ in NRW über die OPS-Kodes der Klassen 8-543 und 8-544 (Mittel-/Hochgradig komplexe und intensive Blockchemotherapie). Diese OPS-Kodes wurden aufgrund der medizinischen Weiterentwicklung bei den onkologischen Chemotherapien für 2022 inhaltlich angepasst. Dies hatte zur Folge, dass (auf Basis des InEK-Datenbrowsers) die Fälle in der Leistungsgruppe „Leukämie und Lymphome“ aus rein technischen Gründen um 75% zwischen 2021 und 2022 gestiegen sind. In Zukunft wäre eine Anpassung des OPS mit derartigen Auswirkungen auf die Leistungsgruppen-Zuordnung und damit die Vorhaltefinanzierung nicht mehr denkbar. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass entsprechende Änderungen des OPS auch durch die Rechtsprechung oder den Schlichtungsausschuss Bund erfolgen könnten. Es sei nur an die Auswirkungen des Urteils des BSG zur Transportentfernung beim Schlaganfall erinnert, dessen Auswirkungen nur über eine zusätzliche Gesetzgebung eingefangen werden konnten. Die Einflüsse auf die Vorhaltefinanzierung wären gesetzgeberisch in diesem Fall nicht mehr zu verhindern.


Die Verknüpfung von Fallpauschalierung und Vorhaltefinanzierung über Leistungsgruppen blockiert die Weiterentwicklung beider Systeme.

Bei einem Verzicht auf die Verknüpfung des Leistungsgruppen-Systems mit der Vorhaltefinanzierung könnte die Reform wesentlich weniger komplex und flexibler gestaltet werden. Die erforderliche eindeutige Verknüpfung von Abrechnungsfällen mit den Leistungsgruppen wäre nicht mehr notwendig. Bereits die unterschiedlichen Betrachtungsebenen der Finanzierung (Gesamtkrankenhaus) und Krankenhausplanung (einzelner Krankenhausstandort) sind bei den gesetzlichen Regelungen schwer in Deckung zu bringen. Auch der Gesetzesentwurf unterscheidet an vielen Stellen nicht präzise zwischen Krankhäusern und ihren Standorten (z.B. § 6a Abs. 2 KHG).

Eine große Herausforderung wird auch die Entwicklung eines jährlich neu zu überarbeitenden Groupers, der entscheiden müsste, welcher Fall, welcher Leistungsgruppe und welchem Standort zugeordnet wird. Mit dieser erzwungenen exklusiven Zuordnung und Hierarchisierung werden - wie oben dargestellt - erhebliche Probleme eingekauft, die sogar die fachärztliche Weiterbildung erheblich beeinflussen würden. Im jetzigen Konzept müssten der Leistungsgruppen-Grouper jährlich angepasst und die Vorhalte-Bewertungsrelationen jeweils neu kalkuliert werden.

Im neuen Finanzierungssystem könnten medizinische Innovationen, die zu Fallmengenveränderungen in DRGs und Leistungsgruppen führen, nicht sinnvoll finanziert werden. Werden beispielsweise vermehrt minimalinvasive Herzklappeninterventionen und weniger offene Herzklappenoperationen durchgeführt, käme es zu einer medizinisch begründeten Verschiebung von Fallmengen zwischen Leistungsgruppen, ohne dass die Vorhaltefinanzierung mitwandern würde. Ähnliche Effekte könnten beispielsweise auch bei vermehrten CAR-T-Zelltherapien und weniger Stammzelltransplantationen oder weiteren medizinischen Entwicklungen auftreten.

Viele Leistungsgruppen aus NRW nutzen OPS-Komplexbehandlungen zur Definition. Diese wurden geschaffen, weil sie Fälle mit besonderen Kosten identifizieren können. Mit selektiver Ausgliederung bestimmter Kosten bei der Kalkulation der Bewertungsrelationen und der Weiterentwicklung der Vergütungssysteme könnten die OPS-Kodes obsolet werden oder einer inhaltlichen Anpassung bedürfen. Allerdings dürften diese OPS-Kodes nicht mehr angepasst werden, wenn dies einen Einfluss auf die Leistungsgruppen-Zuordnung hätte.

Bislang wurden DRGs nach dem Primat der Gesamtkostenhomogenität gebildet und nach der Höhe der Bewertungsrelationen in der Abfragehierarchie sortiert. Werden selektiv Kostenanteile ausgegliedert, müsste das G-DRG-System in einem mehrjährigen Prozess auf eine Residualkostenhomogenität ausgerichtet werden. Hierzu wären neue DRG-Definitionen und Grenzverweildauern, eine neue Zu- und Abschlagslogik, eine Überarbeitung der CCL-Matrix und ggf. sogar der PCCL-Formel notwendig.

Eigentlich sollte die Vorhaltefinanzierung dazu dienen, den der Fallpauschalierung inhärenten Anreiz zur Mengensteigerung („Entökonomisierung“) zu reduzieren. Hierzu wäre jedoch keine Verknüpfung zwischen einem Leistungsgruppen-System zur Krankenhausplanung und einer von der Fallmenge bzw. der Fallmengenentwicklung unabhängigen „Vorhaltefinanzierung“ notwendig. Es stehen vielfache Mechanismen zur Verfügung, die eine bessere Mengensteuerung systemimmanent im DRG-System ermöglichen würden. Nachdem der ursprüngliche Plan „das überholte System der Fallpauschalen zu beenden“ bereits fallengelassen wurde und nun auch die Höhe des Vorhaltebudgets durch das G-DRG-System bestimmt wird, besteht in Bezug auf die offiziellen Ziele keine Notwendigkeit mehr, beide sich in der Entwicklung hemmenden Systeme noch zu verbinden.


Konstruktionsfehler“ im Transformationsfonds

Die DGRh und der VRA sehen die Notwendigkeit, dass gewünschte Strukturveränderungen auch finanziert werden müssen. Bezüglich der Höhe und Herkunft der Gelder möchten sich die DGRh und der VRA nicht an der kontroversen Diskussion beteiligen. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass wenn die Möglichkeit noch Gewinne zu erwirtschaften über die Reform der Betriebskostenfinanzierung nahezu ausgeschaltet werden soll, Krankenhausträger nicht in der Lage sein werden, sich noch an Investitionen zu beteiligen. Auch wird es nicht mehr möglich sein, am Kapitalmarkt Kredite aufzunehmen, wenn eine Erwirtschaftung der Mittel zur Rückzahlung durch die Reform verhindert wird.

Dass nach § 12b Abs. 1 Nr. 1 KHG Vorhaben zur standortübergreifenden Konzentration akutstationärer Versorgungskapazitäten ausschließlich nur dann gefördert werden dürfen, wenn diese zur Erfüllung der Qualitätskriterien nach § 135e SGB V oder zur Erfüllung der Mindestvorhaltezahlen nach § 135f SGB V erforderlich sind, ist wohl ein unbeabsichtigter Fehler im Gesetzentwurf. Selbstverständlich können auch andere standortübergreifende Konzentrationen akutstationärer Versorgungskapazitäten im Sinne der Verbesserung der Versorgung und der Wirtschaftlichkeit sein und sollten gefördert werden können. Da sich Leistungsgruppen, Qualitätskriterien und Mindestvorhaltezahlen jährlich ändern können, während Förderungen über weit längere Zeiträume erfolgen müssen, wäre die Verknüpfung auch technisch problematisch.


Die Förderung von Koordinierungs- und Vernetzungsaufgaben darf nicht auf Universitätskliniken und Krankenhäuser der Maximalversorgung beschränkt werden.

Für das Fachgebiet Rheumatologie und Klinische Immunologie existieren nicht an allen Universitätskliniken Lehrstühle. Forschung, Versorgungskoordination und Vernetzungsaufgaben werden daher in der akutstationären Rheumatologie auch von Spezialversorgern und besonderen Fachkliniken übernommen. Diese müssen für ihre Aufgaben ebenso gefördert werden. Mit Stand April 2024 erhielten 17 Einrichtungen den Zuschlag für ein Rheumatologisches Zentrum gemäß der G-BA-Regelungen, davon war die Mehrzahl (9 Einrichtungen) nicht-universitär.


Ersatz der Einzelfallprüfungen durch Stichprobenprüfungen ist unkonkret bei inadäquater Konfliktlösung.

Die DGRh und der VRA begrüßen, dass der Gesetzgeber einen neuen Versuch unternehmen möchte, die Massenprüfungen der Kostenträger über den MD zu reformieren. Der Aufwand, den sich das deutsche Gesundheitssystem – unter Einbeziehung von dringlich benötigtem Fachpersonal – in diesem Bereich leistet, ist immens. Das Potenzial zur Entbürokratisierung dürfte hier höher sein als in allen anderen Bereichen des Gesundheitswesens.

Aufgrund des hohen Potenzials zur Entbürokratisierung, darf dieser Teil der Reform nicht an einer zu rudimentären gesetzlichen Ausgestaltung scheitern. Die Einzelfallprüfungen und die gewachsenen Strukturen lassen sich nicht einfach abschaffen und durch Stichprobenprüfungen ersetzen, ohne dass hierfür durchdachte gesetzliche Vorgaben gemacht und die alternativen Stichprobenprüfungen konzeptionell ausgearbeitet werden. Die Idee, den MD Bund hierfür ein Konzept entwickeln zu lassen, das sogar den Umgang mit Beanstandungen und deren finanziellen Ausgleich umfassen soll, lässt eine spätere Vereinbarung durch den GKV-SV und die DKG als kaum realistisch erscheinen. Die Schiedsstelle wird überfordert sein, innerhalb der vorgesehen sechs Wochen eine praxistaugliche und konfliktarme Regelung der Stichprobenprüfung festzulegen, sodass auf Einzelfallprüfungen vollständig verzichtet werden könnte. Ein finanzieller Ausgleich bei einer gefundenen Beanstandung in einer Stichprobe muss vermutlich auch einen Algorithmus der Hochrechnung auf die Gesamtheit beinhalten. Die Resultate können für ein Krankenhaus potenziell existenzbedrohend sein und daher mit der Krankenhausplanung in Konflikt treten. Die hierfür erforderlichen Regularien sollte der Gesetzgeber nach hinreichender Beteiligung aller betroffenen Akteure selbst festlegen. Die bisherigen Erfahrungen mit den Vereinbarungen zu Prüfverfahren haben gezeigt, dass hier der Souverän selbst gefordert ist. Dabei wäre auch festzulegen, ob und wenn ja wie die einzelnen unterschiedlichen Kostenträger entschädigt werden sollen oder eine direkte Abwicklung über den Gesundheitsfonds zu bevorzugen wäre. Auch an anderen Stellen des Gesetzes wären ggf. Anpassungen vorzunehmen (z.B. Erörterungsverfahren).
 

Weitere geplante Änderungen des SGB V

§ 135e Abs 4:

Nach Satz 3 sollen „bis zum Inkrafttreten der Rechtsverordnung […] die Qualitätskriterien einer Leistungsgruppe in Kooperationen und Verbünden mit anderen Krankenhäusern unter den Voraussetzungen des § 6a Absatz 2 Satz 1 bis 3 KHG [zwingende Erforderlichkeit zur Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung] erfüllt werden“ können. Der Satz 3 wird folgendermaßen begründet: „Im Krankenhausplan Nordrhein-Westfalen 2022 ist für bestimmte Leistungsgruppen die Erbringung verwandter Leistungsgruppen auch in Kooperationen vorgesehen. Da diese Konzeption nicht für alle Bundesländer passgenau ist, ist nach Satz 3 für den Übergangszeitraum bis zum Inkrafttreten der Rechtsverordnung die Einhaltung von Qualitätskriterien in Kooperationen und Verbünden grundsätzlich zulässig, sofern die Voraussetzungen des § 6a Absatz 2 Satz 1 bis 3 KHG für die ausnahmsweise Zuweisung von Leistungsgruppen vorliegen.“ Daraus wäre zu schließen, dass alle Kooperationen aus dem Krankenhausplan NRW 2022 für das bundesweite Leistungsgruppen-System zwingend am Standort vorgehalten werden müssen, außer wenn die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung gefährdet wäre. Dies würde bedeuten: keine Kardiologie/Gefäßmedizin/Stroke Unit/Neurochirurgie ohne Herzchirurgie, keine Geburtshilfe ohne Pädiatrie, keine Geriatrie ohne Urologie, keine Neurologie/Stroke Unit/Frühreha/Geriatrie/Gefäßmedizin ohne Psychiatrie, sowie keine Viszeralchirurgie/Gastroenterologie/Pneumologie/Hämatoonkologie/Thoraxchirurgie/Kinderonkologie ohne Palliativmedizin. Hier scheint es sich um einen unbeabsichtigten Fehler zu handeln.

§ 275a Abs. 6:

Die Regelung nach Nr. 2 entspricht der alten Regelung nach § 275d Abs. 1a Satz 2 SGB V. In Zusammenhang mit der vom BMG nicht beanstandeten StrOPS-RL entsteht eine sicherlich gesetzlich nicht intendierte Lücke bei einem Wechsel der Leistungserbringung zwischen unterschiedlichen Standorten eines Krankenhauses. Bei einem Umzug ist ein Antrag zur Prüfung auf erstmalige oder erneute Leistungserbringung zu stellen. Nach der gesetzlichen Regelung dürfen zwar Krankenhäuser die Leistung bis zum Abschluss der Strukturprüfung (längstens bis zu sechs Monate ab dem Tag der Anzeige) abrechnen, allerdings dürfen sie die Anzeige erst stellen, wenn sie die Strukturmerkmale über einen Zeitraum von drei Kalendermonaten vor dieser Anzeige als erfüllt und nachweisbar ansehen. Es würde keine Lücke entstehen, wenn der MD die Gültigkeit der Bescheinigung auch entsprechend so vorverlegen würde, dass die drei Monate vor Anzeige miterfasst würden. In seiner StrOPs-RL hat der MD Bund jedoch entschieden, die Gültigkeit die Bescheinigung erst mit dem Datum des Bescheiderlasses beginnen zu lassen (Kapitel 4.4 i.V.m. 3.6 und 3.4 der StrOPS-RL). Im Rahmen der geplanten Reform wird es zu erheblichen Veränderungen in den Versorgungstrukturen kommen. Kommt es dabei zu Verlagerungen von Leistungen, die mit OPS-Komplexbehandlungen abgerechnet werden, müssen Prüfungen für die neuen Standorte beantragt werden. Besteht die Gefahr, dass damit ein mindestens dreimonatiger Erlösverlust verbunden ist, werden sinnvolle strukturelle Veränderungen grundlos finanziell sanktioniert. Es ist entweder eine gesetzliche Klärung oder eine Beanstandung der StrOPs-RL vorzunehmen.


Weitere geplante Änderungen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG)

§ 6a Abs. 2:

Hier bedarf es noch weiterer Ausnahmen. Beispielsweise muss der Bedarf der Bevölkerung auch quantitativ bedient werden können. Reine Fahrzeitanalysen ohne Analyse von Wartezeiten sind nicht ausreichend. Ebenso wären Ausnahmen für wenig komplexe belegärztliche oder teilstationäre Leistungen zu machen. Letztlich muss auch im Rahmen der Daseinsvorsorge flexibel auf unvorhergesehene Probleme (Plötzlicher Ausfall von Krankenhäusern oder Teilen davon, Großschadensereignisse, medizinische Weiterentwicklungen, technische Effekte) reagiert werden können.

§ 6a Abs. 3:

Hier bedarf es einer Interventionsmöglichkeit durch die Bundesländer, die eine begründbare Verlängerung nach Nr. 1 ermöglichen und einen ungewollten Automatismus nach den Nr. 2 und 3 verhindern kann.

Zwar sollen Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Bescheid keine aufschiebende Wirkung haben. Es ist jedoch nicht unwahrscheinlich, dass aufgrund der Folgen Krankenhausträger einstweiligen Rechtsschutz beantragen können, zumal das Prüfverfahren de facto keine Korrekturmöglichkeit außer bei offensichtlichen Fehlern vorsieht. Wie aufschiebende Klageverfahren im weiteren Verfahren (Verteilung der Vorhaltebudgets) berücksichtigt werden könnten, lässt der Gesetzentwurf offen.

§ 6a Abs. 4:

In Verbindung mit § 37 Abs. 2 KHG können die Planfallzahlen einen erheblichen Einfluss auf die Finanzierung von Krankenhausstandorten und damit auf den Wettbewerb haben. Ohne Bezug zu einem regionalen Bedarf erscheint das Instrument wettbewerbsrechtlich bedenklich.

Planfallzahlen sind hoch relevant, um eine regional veränderte Versorgung abzubilden, bevor sich diese in den Daten nach § 21 KHEntgG, auf deren Basis die Vorhaltefinanzierung berechnet wird, manifestieren können. Schließt beispielsweise ein Krankenhausstandort zum Jahresende, so dauert es zwei Jahre, bevor gemessen werden kann, wie sich die Fälle regional umverteilen. Die Planfallzahlen sind das einzige vorgesehene Instrument, das erlauben würde, die Verlagerungen zu antizipieren. Die jährliche differenzierte Nutzung dieses Instruments würde die Planungsbehörden vor erhebliche Herausforderungen stellen. Im Gesetzentwurf ist derzeit scheinbar kein Rechtsanspruch von Krankenhaustandorten, die die Versorgung ausscheidender Krankenhausstandorte übernehmen sollen, auf eine Nutzung von Planfallzahlen durch die Planungsbehörde vorgesehen.

§ 37 Abs. 2:

Auch wenn der Vorhalte-CMI aufgrund der Methodik der Ausgliederung keine allgemeingültige Aussage zur Fallschwere zulässt, ist es nicht unwahrscheinlich, dass es Krankenhausstandorte geben wird, die durch die Übernahme von Fällen ausscheidender Krankenhausstandorte ihren Vorhalte-CMI absenken. Sofern die Fallzahl nicht über den Korridor von 20% steigt, würden diese Krankenhausstandorte damit für Mehrleistungen bei der Neukalkulation nach 2/3 Jahren einen reduzierten Anteil des landesweiten Vorhaltebudgets erhalten. Dies wäre einerseits nicht vermittelbar und andererseits würde dies erhebliche Anreize zur Fallselektion mit der Konsequenz von Wartelisten auslösen. Es sei auch darauf hingewiesen, dass insbesondere an den unteren Grenzverweildauern des G-DRG-Systems fallbezogen erhebliche CMI-Sprünge resultieren können. Dem Wunsch medizinische Entscheidungen zu „entökonomisieren“, kann mit dieser Methodik nicht entsprochen werden.

§ 37 Abs. 2:

Die Über- bzw. Unterschreitung des Korridors von +/- 20% ist erheblich von der Ausgangsmenge abhängig und trifft damit Krankenhäuser in sehr unterschiedlichem Maß. Bei fallzahlstarken Leistungsgruppen müssten erhebliche zusätzliche Fälle behandelt werden, damit wieder eine (dann allerdings gleich sprunghafte) Vollfinanzierung einsetzt. Bei sehr niederfrequenten Leistungsgruppen (z.B. Transplantationen) wäre hingegen fast jährlich mit einer Über-/Unterschreitung des Korridors zu rechnen.

Grundsätzlich wird die starre Korridorgrenze starke Steuerungsanreize zum Jahresende auslösen. Hier kann es dazu kommen, dass gewisse Leistungen erst wieder im neuen Jahr angeboten werden. Die gesetzten Anreize sind aus Versorgungsgesichtspunkten nicht sinnvoll und tragen nicht zu einer „Entökonomisierung“ bei.

§ 37 Abs. 2:

Aufgrund der geringen Differenzierung der Leistungsgruppen erscheint es sinnvoll, dass auch ein Plan-CMI von der Planungsbehörde vorgegeben werden kann. Es könnte beispielsweise einen deutlichen Unterschied machen, welchen Versorgungsauftrag mit welchen rheumatologischen Leistungen ein Standort übernehmen soll. Insbesondere in den großen Leistungsgruppen („Allgemeine Innere Medizin“ und „Allgemeine Chirurgie“) mit ihren vielen Subspezialisierungen dürfte dies zum Tragen kommen.

§ 37 Abs. 2:

Neukalkulationen des Anteils der Krankenhausstandorte am Vorhaltevolumen sollen initial nach 2 oder später nur alle drei Jahre vorgenommen werden. Sofern jedoch relevante Strukturveränderungen stattfinden (Ereignis nach § 6a Abs. 4 Satz Nr. 2 bis 4 KHG) soll eine komplette Neukalkulation stattfinden. Dies soll auch dann erfolgen, wenn die Strukturveränderungen in einem angrenzenden Bundesland stattgefunden haben.

Zunächst zielt das gesamte Reformpaket darauf ab, dass Ereignisse nach 6a Abs. 4 Satz Nr. 2 bis 4 KHG angestoßen werden. Es ist daher davon auszugehen, dass diese in der ersten Dekade in nahezu allen Leistungsgruppen und Bundesländern stattfinden werden. Die 2- bzw. 3-jährige Festschreibung der Anteile am Vorhaltebudget wären damit in der Realität wohl eher eine Seltenheit.

Es sei auch darauf hingewiesen, dass die Neukalkulation im Folgejahr die Strukturveränderung nicht gut nachvollziehen könnte, da sie auf den Ganzjahresdaten des Vorjahrs beruht. Erst im zweiten Jahr nach der Strukturveränderung würde sich die veränderte Leistungserbringung in den Daten nach § 21 KHEntgG vollständig manifestieren.

§ 39:

Vorteil des G-DRG-System ist es, dass durch die Fallkostenkalkulation eine rationale und datenbasierte sowie überwiegend interessensfreie Finanzierung erfolgt. Alle Krankenhausleistungen werden nach den gleichen und transparenten Regeln finanziert. Es überrascht, dass nun mit § 39 KHG der Gesetzgeber einzelne Leistungen besonders finanzieren möchte. Eine wissenschaftliche Begründung oder Ableitung der Höhe der Förderbeträge findet sich in der Gesetzesbegründung nicht. Die leistungsunabhängigen zusätzlichen Mittel sollen die Versorgung in diesen Bereichen lediglich noch stärker unabhängig von der leistungsorientierten Logik des Fallpauschalensystems machen und sie zusätzlich zu der neu eingeführten Vorhaltevergütung absichern. Bei den zusätzlichen Mitteln handelt es sich um eine Förderung im Rahmen der Betriebskostenfinanzierung. Warum gerade diese Bereiche eine gesonderte Absicherung und Unabhängigkeit von der leistungsorientierten Logik des Fallpauschalensystems benötigen, wird nicht erläutert. Hier wäre eine aussagekräftige Gesetzesbegründung wünschenswert.


Weitere geplante Änderungen des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG)

§ 4 Abs. 3:

Der Mindererlösausgleich soll aufgrund der vorgesehenen Vorhaltevergütung abgeschafft werden. Der Mehrerlösausgleich soll hingegen trotz der Ausgliederung der Vorhaltevergütung und überwiegenden Beschränkung der fallbezogenen Vergütung auf variable Kosten in unveränderter Höhe beibehalten werden. Für diese ungleiche und für Krankenhäuser nicht sachgerechte Regelung fehlt eine rationale Begründung.

§ 5 Abs. 2a:

Statt einer pauschalen und bedarfsunabhängigen Förderung der ländlichen Krankenhäuser wäre zu empfehlen, den Mengenanreiz der Vergütungsinstrumente tatsächlich zugunsten einer echten Vorhaltefinanzierung, zu reduzieren. Diese könnte dann auch ländliche Krankenhäuser mit geringen Fallzahlen in versorgungsnotwendigen Leistungsbereichen absichern.

§ 6b Abs. 5:

Die vorgesehene Konvergenzphase weist Besonderheiten auf, die möglicherweise nicht sinnvoll sind. Da der Ausgangswert für die Jahre 2027 und 2028 auf die Leistungsmenge 2026 eingefroren wird. Kommt es – und das ist anzunehmen – in den Jahre 2027 und 2028 zu Krankenhausschließungen und Leistungsverlagerungen zwischen Krankenhäusern, so können diese im Ausgangswert nicht berücksichtigt werden. Bei Krankenhausschließungen wird das im Ausgangswert berücksichtigte Finanzvolumen aus der Versorgung abgezogen. Krankenhausplanerische Maßnahmen sollten daher auch zu einer Anpassung des Ausgangswertes führen.

§ 8 Abs. 4:

Hier bedarf es neben den Notfällen noch weiterer Ausnahmen vom Abrechnungsverbot. Beispielsweise „Leistungen, die während einer Behandlung notwendig werden“ (§ 16 KHGG NRW), „additive Versorgung“ (KH-Plan NRW: wenn ein einer spezifischen Leistungsgruppe zugeordneter Eingriff nur einen Begleiteingriff einer komplexeren Operation/Behandlung darstellt), Verbringungsleistungen, belegärztliche Versorgung, Einzelfälle (z.B. OP-Team kommt zum Patienten), Möglichkeiten bei technischen Fehlern (z.B. Grouper-Hierarchie oder unpassend exklusive Zuordnungen durch den Grouper).

Fazit

Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie e.V. (DGRh) und der Verband rheumatologischer Akutkliniken e.V. (VRA) sehen nicht, wie durch das Gesetz die in der Begründung angegebenen Ziele erreicht werden könnten.

Die DGRh und der VRA befürchten ganz im Gegenteil bei einer Umsetzung der Reform eine deutliche Verschlechterung der Versorgung von Rheumakranken bei einer Zunahme der ökonomischen Zwänge auf medizinische Entscheidungen und der administrativen Aufgaben für das klinische Personal. Die geschilderten Probleme in Bezug auf die akutstationäre rheumatologische Versorgung sind vielfach auch beispielhaft für viele andere Bereiche der medizinischen Versorgung.

Die DGRh und der VRA mahnen dringlich an, ein differenziertes Zielbild für die Versorgung zu entwickeln und dieses auch offen an die Bevölkerung zu vermitteln. Die Wiederholung von simplen Narrativen, die sich an Beispielen aus der elektiven und kurativ intendierten Onkochirurgie bedienen, wird der Komplexität der Krankenhausversorgung in Deutschland nicht gerecht. Die vereinfachte und verallgemeinernde Verknüpfung von Größe/Menge und Qualität kann einer wissenschaftlichen Betrachtung nicht standhalten.

Aus Sicht der DGRh und des VRA ist es essentiell - vor Umsetzung der Reform - geeignete Auswirkungsanalysen durchzuführen und dabei neben reinen Fahrzeiten für die Erreichbarkeit auch den Bedarf und die verbleibenden Kapazitäten zu berücksichtigen. In der Qualitätsdebatte sind auch die Gefahren von Wartezeiten und gänzlichem Wegfall der Versorgung zu berücksichtigen. Hierfür wären geeignete Messungen zu etablieren.

Die Verknüpfung der Vorhaltefinanzierung über Leistungsgruppen und der fallbezogenen Finanzierung über DRGs erscheint so komplex, fehleranfällig und unflexibel, dass DGRh und VRA dringlich empfehlen nach Alternativen zu suchen.

DGRh und VRA erkennen an, dass eine Versorgung auf bisherigem Niveau zukünftig aufgrund fehlenden Fachpersonals und der hohen Kosten voraussichtlich nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Dies sollte allerdings dann auch transparent kommuniziert werden. Ungehobenes Potenzial bietet der Abbau von administrativen Tätigkeiten und von Regelungen, die zur Demotivation des noch in der Versorgung befindlichen klinischen Personals beitragen. Hier lässt der Gesetzesentwurf entscheidende Initiativen vermissen.

 

Prof. Dr. med. Christof Specker
Präsident Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie e.V.

Prof. Dr. med. Heinz-Jürgen Lakomek
Geschäftsführer Verband rheumatologischer Akutkliniken e.V.

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